• Usbekistan


    "Umwege erweitern die Ortskenntnis- Kurt Tucholsky


    17.05 - 29.05.2013
    gefahrene Kilometer: 3.125,46 km


    Wenige Kilometer hinter der Grenzstation befindet sich das historisches Areal von Mizdakhan, an dem wir beinahe vorbeigedüst wären. Nicht, dass die drei Hügel zu übersehen sind, wir waren jedoch gedanklich noch bei unserer einjährigen Verbannung aus Turkmenistan.

    Nach der ganzen Aufregung, nahmen wir uns gerne etwas Zeit um in Ruhe die Festungsruinen von Gyaour-Kala zu besichtigen. Die enorme Anlage muss zu ihrer Zeit ein beeindruckendes und mächtiges Bauwerk gewesen sein. Sie wurde im vierten Jahrhundert vor Christus erbaut um eine größere Stadt die auf einem der Nachbarhügel stand zu schützen. Noch heute stehen einzelne Mauerreste und es ist erstaunlich, dass ein Gebäude welches völlig aus Lehm vor Jahrhunderten gebaut wurde noch in solch einer Größe erhalten blieb. Klar, es ist eine Ruine und man muss sich das gesamte Ausmaß in seiner Fantasie vorstellen, jedoch sind auf der ganzen Welt Lehmbauten aus vergangenen Epochen erhalten geblieben bei denen man sich oft wundern muss wie dies möglich sein kann. Unserer Burgen die aus einem unvergänglicherem Material errichtet wurden – nämlich Stein - sehen teils schlimmer aus. 

    Wie dem auch sei, sobald man neben den meterhohen Lehmruinen steht, den Blick über das karge Land streifen lässt, bekommt man für wenige Minuten das Gefühl wie es wohl gewesen sein könnte als die Festung noch bewohnt und tausenden von Menschen Zuflucht gewährte. Wie Kamelkarawanen durch die Tore schritten und ein buntes Leben in der naheliegenden Stadt und in den Mauern herrschte.

    In Gedanken schmeckt man den Duft der Gewürze und hört den Lärm der Menschen und Tiere. In der Realität versenkt in der Zwischenzeit die Sonne einem die Haut und trocknet die Kehle aus. Nach einer kurzen Erfrischung ging es auf die beiden dicht beieinanderliegenden Grabhügel. Auf beiden Hügeln standen früher ebenfalls diverse Gebäude und wie bereits erwähnt eine ganze Stadt aus derselben Epoche, doch nachdem der gesamte Komplex aufgegeben wurde, reicherten sich dort immer mehr Gräber an. Prunkvolle, schlichte, kleine sowie monumentale Grabbauten aus verschiedenen Zeitaltern sind wild verstreut und so manch ein Weg dort oben endet vor einem tiefen Loch, welches den Blick in ein Grab freigibt.

    Selbstverständlich gibt es auch das ein oder andere geschichtsträchtige Monument und angeblich findet man hier die ältesten Gräber Zentralasiens. Solch ein Ort birgt genug Material für Legenden und Aberglaube. Das Muzlumkhan-Sulu Mausoleum aus dem 12. Jahrhundert umrankt eine traurig-romantische Legende:
    Muzlumkhan war die Tochter eines mächtigen Khorezmian Herrschers und zudem die schönste Frau im Lande Viele Reiche und Adlige hielten um ihre Hand an, doch Ihr Herz hatte sie bereits an einen gewöhnlichen Sterblichen – einen Architekten – verloren. Beide kämpften um Ihre Liebe und wiederwillig stimmte der Vater der Heirat zu, jedoch nur unter einer Bedingung: der junge Mann musste über Nacht ein Minarett bauen, welches bis zum Himmel reiche. Dem Architekten gelang das Kunstwerk, doch der Khan wollte sein Versprechen nicht einhalten. Solle seine hübsche Tochter etwa einen Mittellosen heiraten?
    Voller Verzweiflung über die Entscheidung des Kahns stürzte sich das junge Liebespaar von der Spitze des Minaretts. Nach dem tragischem Freitod der Beiden ließ der Khan das Minarett abreisen und aus dessen Steinen ein Mausoleum errichten in dem das Paar nebeneinander beerdigt wurde.

    Das Mausoleum ist heute frei zugänglich. Über eine steile Treppe gelangt man einige Meter unter die Erde, wo eine angenehme Temperatur herrscht. Die Räume sind mit kleinen Fliesen verziert und schön angeordnete Öffnungen bringen Tageslicht in die Grabkammer. Als wir die Kammer besuchten, lagen viele Kissen entlang der Wände auf denen sich die Einheimischen von der drückenden Hitze außerhalb des Monuments erholten. 

    Ein paar Meter weiter befindet sich das wohl mysteriöseste Bauwerk von Mizdakhan. Das Erejep Caliph Mausoleum.
    Einer Legende nach ist es das Grab eines islamischen Predigers der zum Heiligen ernannt wurde. Andere sehen in dem Mausoleum das Grab Adams und Wissenschaftler wollen herausgefunden haben, dass hier Gayomard – der erste Mensch auf Erden laut der Zoroastrain Mythologie – begraben sein soll. Doch nicht nur diese Gründe machen die Ruinen des Mausoleum zu einem beliebten Pilgerort, die meisten Menschen pilgern hierher um etwas ganz anderes zu sehen. Einer weiteren Legende zu folge befindet sich genau dort die Weltuhr, die die Zeit des menschlichen Lebens zählt. Jedes Jahr bricht ein Ziegelstein aus der Wand der Ruine. Der Tag an dem der letzte Ziegelstein auf den Boden fällt, wird der Tag des jüngsten Gerichts sein, der Tag an dem jedes Erdenleben  ausgelöscht wird. 

    Viele Pilger bauen aus den herausgefallenen Ziegelsteinen kleine Pyramiden, die für Glück, diverse Wünsche oder den Glauben an Gott stehen. Die Anzahl der Ziegelsteine darf nicht mehr und nicht weniger als sieben betragen, des Weiteren ist es verboten Steine aus einer anderen Pyramide zu entfernen – es bringt Unglück wenn man sein Glück auf dem Glück eines anderen erbaut. Einen dieser Steine mit nach Hause zu nehmen, kommt einer Todsünde gleich und so säumen eine enorme Vielzahl dieser kleinen Pyramiden das Mausoleum und gibt dem Ort eine groteske Erscheinung. Jeder Schritt muss bedacht gesetzt werden um keines dieser kleinen Objekte und das damit verbundene Glück zu zerstören.



    Nun ging es in den Norden des Landes zu unserem Highlight Usbekistans: dem Aralsee, der Anfang der 40 Jahre noch zu den größten Salzseen der Welt zählte.

    Der einfachste und schnellste Weg reizte uns nicht und so nahmen wir einen kleinen Umweg über die Hochebene des Ustyurt-Plateaus, welches sich im nordwestlichen Teil von Usbekistan befindet, gerne in Kauf. 

    Das Plateau erscheint endlos und außer Sand, Staub, kleinen Sträuchern und dürrem Gras gibt es nicht viel. In der Nähe von kleinen Siedlungen und Gasvorkommen mussten wir viele tiefe Fahrspuren, die mitten aus dem Nichts auftauchen und in das Plateau tiefe Furchen graben, durchfahren. Gott sei Dank hatten wir genug Bodenfreiheit und Ravty arbeitete sich fleißig durch bzw. über jede Rille. 

    Als wir die wenigen Siedlungen weit hinter uns ließen, verschwanden die tiefen Fahrspuren allmählich und viele schmale Tracks machten sich einen Spaß daraus uns zu verwirren. Wann immer es ging, fuhren wir am Rande des Plateaus um den herrlichen Blick über die sich endlos erstreckende Tiefebene zu genießen. Immer wieder stoppten wir, die Landschaft unter uns veränderte sich nun kontinuierlich. Trockenes Grasland gab sich ein Wechselspiel mit grünen Büschen bis Dünen erschienen, die alles unter sich begruben und erst nach einer Weile den Blick wieder auf vertrocknete Erde und Gräser freigaben. Wegen eines Erdspalts mussten wir einen großes Bogen fahren, und verloren somit eine Zeitlang den Blick auf die Ebene unter uns. Als wir uns wieder dem Rande des Plateaus näherten, offenbarte sich uns ein wunderbares Szenario, welches uns sprachlos machte. 

    Wasser!

    Entlang der Klippen glitzerte Wasser in verschiedenen Blautönen. Kleine sowie große Inseln gaben grüne Farbkleckse zum Besten und etliche Vögel rundeten die Idylle mit Ihren weißen Federkleidern ab. In mitten der ansonsten in Erdtönen gehaltenen Landschaft wirkte der große See wie ein Eimer ausgelaufener Farbe, die von den Felsen bis zum Horizont floss. Hätten uns die kleinen Moskitos nicht so gequält, wären wir sicherlich ein paar Stunden geblieben. Doch so suchten wir uns einen Übernachtungsplatz fernab vom Wasser wo nur wenige der kleinen Blutsauger unterwegs waren.   

    Am Folgetag erreichten wir die Passage vom Hochplateau zur Tiefebene und ohne GPS-Koordinaten wären wir an der kleinen „Kerbe“, die den Start des Abstiegs markiert, vorbeigefahren. Einst war die in den Fels gehauene Straße sicherlich ein gern genommener Weg, doch nun war sie verfallen und schwer zu erkennen. Die einzigen Menschen, die diesen Weg wohl noch nehmen, sind die Offroader die von ihm wissen.  

    (Wer diese Strecke ebenfalls fahren möchte, sollte genug Bodenfreiheit mitbringen und bedenken, dass im momentanen Zustand eine Befahrung nur vom Plateau aus möglich ist. Der Weg vom Aralsee kommend ist mit einem Auto kaum zu bewältigen) 

    Voller Elan begannen wir den Abstieg über den vom Regen ausgewaschenen Track. Von den Hängen waren viele Steine auf den Weg gespült worden und Ravty polterte nur so den Hang herunter. Grillen und Heuschrecken sprangen um ihr Leben. Unsere Ausrüstung wurde mehrmals hin und her gerüttelt und die Reifen hatten es schwer richtigen halt auf den rollenden Steinen zu finden. Hat man jedoch einmal diesen Weg eingeschlagen, gibt es keine andere Richtung mehr als runter. Gut, dass Ravty sich auch in solch einem Gelände wohlfühlt und mit einem Schnurren alles brav meisterte. 

    Geschafft. Das steilste Stück lag hinter uns und der Rest sollte nun ein Kinderspiel sein. Ein alter Truck, der mit der Passage kein so großes Glück hatte, bot – ausgeschlachtet und verrostet – einen idealen Ort um eine kleine Pause einzulegen.

    Ein paar Kurven weiter führte der Weg in eine Senke und uns vor ein kleines Problem. Wasserläufe hatten den Weg so durchfurcht und unterspült, dass ein Durchkommen für Ravty unmöglich war. Wir inspizierten die Situation eine Weile, machten uns Gedanken welches Risiko wir eingehen wollten und staunten nicht schlecht als Ravty uns zeigte, wie viel er kann. 

    Per Schieflage meisterte er ohne zu murren den steilen Hang - vorbei an den tiefen Rillen und Löchern – und bewies uns wieder einmal, dass vieles im Leben Kopfsache ist. Im Nachhinein war dieser Abschnitt nicht weiter wild, doch wussten wir nicht was für einen Neigungswinkel unser Kleiner nehmen kann. Es war aufregend, was würde wohl passieren, würde es gut gehen oder würde in ein paar Minuten die Welt Kopf stehen?

    Es war geschafft. Vor uns eröffnete sich die endlose Ebene Usbekistans, die einst fast 40m unter der Wasseroberfläche des Aralsees lag. Unsere Schuhe hinterließen Spuren auf dem ehemaligen Seegrund. Ungläubig wanderten unsere Blicke von der kargen Landschaft zum Plateau und wieder zurück. Es wollte einfach nicht in meinen Kopf, dass hier vor nicht allzu langer Zeit noch Fische schwammen, das Wasser endlos bis zum Horizont ging und die Gegend reich an Leben war. Nun standen wir hier, in Mitten von toten Muscheln, erschlagen von den Auswirkungen unserer modernen Welt und doch fasziniert wie die Natur sich immer und immer wieder anpasst und nicht aufgibt. 

    Die Landschaft änderte sich nun mit jedem Kilometer mit dem wir uns vom Plateau entfernten. Es schien als würden wir unsichtbare Grenzen überschreiten: die Vegetation ging nicht harmonisch ineinander über sondern endete abrupt und begann mit etwas Neuem. So kam nach kleinen grünen Sträuchern die aus den Muscheln zu wachsen schienen, dörriges Gestrüpp die den nun vorhandenen Sand zu Dünen auftürmten. Die Berge aus Sand wirkten wie eine Mauer, denn sofort hinter ihnen wurde der Boden steinhart und kein einziges Sandkörnchen war mehr zu sehen. Kleine Nagetiere hatten sich hier ihre Unterkünfte gebaut und machten aus dem ansonsten gut zu befahrenen Untergrund ein Minenfeld. Im Schneckentempo holperten wir über die teils bereits eingestürzten Bauten immer auf der Suche nach den Resten des Aralsees.
    Wieder änderte sich die Landschaft. Doch nun ging die Veränderung langsamer und schleichender voran. Der beige Boden wurde gräulicher bis er schließlich durch die ausgewaschenen Mineralien komplett weiß erschien und in eine Salzwüste überging. Der Wind sowie unsere Reifen wirbelten den nun zentimeterdicken Salzstaub auf, der sich genüsslich überall niederließ. Am Horizont erschienen riesige Windhosen, die einen skurrilen Tanz aufführten und fahrspurgleiche Wege hinterließen. 

    Die Salzwüste machte Laune. Unser Ziel „die Insel der Wiedergeburt“ kam immer näher und wir glaubten unseren Plan, dort das Nachtlager aufzuschlagen, stünde nichts mehr im Wege. Wie des öfteren auf dieser Reise ging unser Plan jedoch nicht auf.

    Der Boden veränderte sich. 

    Wir wussten, dass der Rand des Sees nicht vollkommen ausgetrocknet war und umfuhren großzügig jede dunkle Stelle um nicht in schlammiges Terrain zu gelangen. Doch hier war alles strahlend weiß und nichts deutete auf Wasser hin. Trotzdem bekamen die Reifen von jetzt auf gleich keinen Grip mehr, der Motor konnte die Power dadurch nicht auf den Untergrund übertragen und unser Gewicht von 3,5 Tonnen tat sein übriges.

    Es war zu spät - die ca. 5cm dicke Salzschicht brach unter uns zusammen.

    Wir schafften vielleicht noch 400m bis Ravty im schönsten Lehm des Aralsees versank. Wow!
    Mitten im Niemandsland, 70km von der nächsten Siedlung entfernt, bei netten 42°C – was für eine Meisterleistung.

    Nun hieß es raus aus dem Auto, Highlift, Sandbleche sowie Schneeketten herauskruschteln und Ärmel hochkrempeln. Das Salz brannte leicht auf der Haut als wir anfingen die Reifen mit Schaufel und bloßen Händen vom Lehm zu befreien. Eins unserer Sandbleche diente als Untergrund für den Highlift und so bekamen wir Zentimeter für Zentimeter einen Reifen nach dem anderen in die Höhe um die Schneeketten aufzuziehen. Mit Ketten und dem zweiten Sandblech als Unterlage konnten wir unseren Kleinen innerhalb einer Stunde erfolgreich aus den Fängen des Arals befreien.
    Die Weiterfahrt war uns nun zu riskant, da auf unserem Weg laut Karte noch eine tiefere Senke anstand und es dort sicherlich mehr Wasser = Schlamm geben würde. Wenden war an dieser Stelle auch nicht möglich und so versuchten wir in unserer Spur den Rückweg anzutreten. Nach 200m stellte sich heraus, dass dies keine gute Entscheidung war. Erneut bekamen die Räder keinen Grip (trotz Schneeketten) und wir steckten fest. Dieses Mal jedoch richtig.  

    Erneut packten wir all unsere Untensilien aus und machten uns an die Arbeit. Der Boden hatte nun mehr Feuchtigkeit und mit jedem Zentimeter den wir Ravty in die Höhe pumpten, versank er tiefer im Lehm. Uns blieb allerdings keine andere Wahl. Um rauszukommen mussten wir die Sandbleche unter die Reifen bekommen und dies bedeutete den Kleinen anzuheben. Ohne Bleche drehten sich die Räder im Schlamm wie ein Kettenkarusel auf dem Jahrmarkt, mit der Ausnahme, dass keiner dabei jubelte. Bei der ganzen Misere hatten wir auch ein bisschen Glück: immerhin war es bewölkt und so konnte uns die Sonne während der dreistündigen Schlammschlacht nicht in Brathähnchen verwandeln.

    Dummerweise hatten wir nach unserer kleinen Fotosession mit dem alten Truck unser Stativ vergessen. Da der Tag eh schon gelaufen war und wir unser eigentliches Vorhaben, die ehemalige Insel zu besuchen, gestrichen hatten, traten wir völlig erschöpft den Rückweg zum Ustyurt-Canyon an. Unser Stativ erwartete uns freudestrahlend und Ravty war noch nie so bequem wie an diesem Tag.

    Nach einer erholsamen Nacht ging es schnurstracks nach Muynak. In der ehemaligen Hafenstadt erinnert kaum noch etwas an die große Fischereiindustrie und den damit verbundenen Wohlstand der gerade Mal 30-40 Jahre andauerte. Kaum zu glauben, das hier einst über100.000 Menschen lebten und viele mehr arbeiteten. Mit dem Verschwinden des Aralsees verschwand auch ein Großteil der Bevölkerung und diejenigen die blieben, verdienen heute ihr Geld bei den großen Energiekonzernen, die in dem ehemaligen Seegebiet Erdgasvorkommen anzapfen. In Muynak selbst befindet sich ein Denkmal im typischen sowjetischen Stil von dem aus man vor einigen Jahrzehnten noch einen herrlichen Blick auf den See hatte. Heute fällt der Blick nur noch auf den doch sehr akkurat angerichteten Schiffsfriedhof, die Hauptakttraktion dieser Region und Ziel vieler Touristen. Infotafeln zeigen per Zeitraffer das Verschwinden des Wassers und dessen Folgen. Über 50% der Tier- und Pflanzenarten sind mittlerweile verschwunden und der Amu Darya, der den Aralsee Jahrhunderte speiste, ist in seiner Breite von 3km auf 300m geschrumpft. Erschreckend wenn man bedenkt, dass der Mensch dafür weniger als 50 Jahre benötigt hat.

    Ich muss gestehen, auch für uns war der Schiffsfriedhof der Grund warum wir in Muynak halt machten. Allerdings hatten wir uns das Szenario ganz anders vorgestellt und die schon fast korrekte Anordnung der Schiffe enttäuschte uns ein wenig. Trotzdem nahmen wir uns viel Zeit die einzelnen Wracks in Ruhe anzuschauen und ein Gefühl für das Ganze zu bekommen. Viel aufregender als die Schiffe und das Denkmal war hingegen der sehr kleine örtliche Bazar. Das Angebot war zwar nicht berauschend, aber wir hatten viel Spaß beim Handeln und nach den Tagen in der Einsamkeit war es überraschend angenehm wieder Menschen um sich herum zu haben.
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    Von Muynak fuhren wir entlang des Amur Daya um die Ruinen des Khwarezm-Reiches, welches von der Spätsteinzeit bis zum Mittelalter existierte, zu bestaunen. Viele der alten Festungsanlagen wurden durch Kriege zerstört und so blieben einzig die alten Stadtmauern sowie Fundamente über die Jahrhunderte erhalten. Am Rande der Kyzylkumwüste wirkten die alten Überreste wie Bestandteile der kargen und in Erdtönen gehaltenen Landschaft. Jede einzelne Ruine hat etwas besonderes für sich doch wirklich in Erinnerung wird uns vermutlich Toprak Kala sowie Jambas Kala bleiben.

    Toprak Kala ist eine der berühmtesten Anlagen in Usbekistan und im Gegensatz zu manch anderen ordentlich ausgeschildert. Als wir den großen Besucherparkplatz erreichten, sprang uns auch schon der Manager des Jurtencamps entgegen. Für keine einzige Ruine wurde Eintritt verlangt, doch hier wollte man sogar für Ravty Eintritt haben. Als uns der Manager dies versuchte freundlich zu erklären, lachten wir erst mal herzhaft. Es entstand eine lustige Diskussion und es war sofort klar, dass hier ein gewiefter Restaurantbesitzer versuchte bei ausländischen Touristen Geld abzuknöpfen. Nach 10 Minuten rumalbern, einem Dollar weniger in der Tasche, parkten wir Ravty vor dem Festungshügel und starteten unsere Eroberung von Toprak Kala. Als wir durch die Reste des Stadttores schlenderten, entdeckte uns eine Horde Teenager, die mit Ihrer Schulklasse unterwegs war. All unsere Schritte wurden nun genau verfolgt und per Handykamera dokumentiert. Erst als wir uns für einige Fotos zur Verfügung stellten, wurden wir in Ruhe gelassen und konnten den sehr gut erhaltenen Komplex entspannt erkunden.

    Jambas Kala war hingegen ganz anders. Zuerst einmal hatten wir Schwierigkeiten die Anlage in den unendlichen Weiten zu finden. Selbst das Befragen von Einheimischen brachte uns nicht weiter. So folgten wir mehrere Kilometer einer kerzengeraden Straße bis zu einem kleinen niedlichen Dorf mit dem Namen Jambaskala. Doch anders als erwartet, fanden wir hier keine historischen Bauten oder ähnliches vor und unsere Fragerei blieb erneut erfolglos. Da die Straße keine einzige Biegung hatte, fuhren wir zuerst weiter und hielten Ausschau nach alten Mauern und möglichen Wegweisern. Plötzlich, wir fuhren ganz gemütlich, überholte uns hupend ein kleiner Daewoo Matiz und brachte uns zum stehen. Aus der kleinen Reisschüssel lachte uns ein Mann entgegen und auf dem Beifahrersitz erkannten wir einen Jungen, den wir vor einigen Kilometern nach dem Weg gefragt hatten. Der Mann wusste wo wir hinwollten und war bereit uns den Weg zu zeigen. Wir sollten ihm einfach hinterherfahren. Doch dies war leichter gesagt als getan. In halsbrecherischen Manövern heizte der kleine Daewoo die mit Schlaglöchern übersäte Straße entlang. Menschen und Tiere, die entlang der Straße standen bzw. sich bewegten, wurden weggehupt oder im Zickzack umfahren. Hätte es sich bei dem Auto nicht um ein Taxi gehandelt, das alle paar Kilometer Leute aufklaubte oder absetzte, hätten wir sicherlich als Verfolger kläglichst versagt. 

    Am Ende der kleinen Jagd erreichten wir die Ruinen von Jambas Kala und unser Driver erklärte sich kurzerhand zum Touriguide. Gewiss wären all die Dinge, die erzählt wurden spannend und aufschlussreich gewesen, jedoch haben wir kein einziges Wort verstanden. Wir bedankten uns trotzdem artig bei unserem Guide, verabschiedeten ihn und erforschten die Anlage noch ein wenig auf eigene Faust. Wir hatten verdammt gute Laune, ein paar Dummheiten im Kopf und so entstanden ganz lustige Bilder an diesem historischen Ort. Langsam wurde es Zeit wieder weiterzufahren.  Als wir den Motor starteten, stoben Funken aus unserem Zigarettenanzünder. Unser Naviladegerät hatte es in der Hitze zersetzt und verursachte nun einen netten Kurzschluss. Zwei Sicherungen erwischte es dabei. Unser Ladegerät via Zigarettenanzünder ist somit gestorben, gut das wir die Möglichkeit haben unser Navi via 220Volt Steckdose zu laden. Trotzdem wollten wir die zwei Sicherungen ersetzen und so suchten wir die nächste Stadt auf. Wie in vielen asiatischen Ländern gab es hunderte von Läden, die jedoch alle auf irgendetwas spezialisiert waren. Einfach in eine Werkstatt oder in einen Elektroladen wie in Deutschland zu gehen, ging hier nicht. In einem kleinen Hauseingangsflur-Laden wurden wir fündig. Allerdings hatte der Besitzer keine Lust uns seine neuen Sicherungen zu geben. Stattdessen bot er uns alte, geflickte an oder, für den doppelten Preis, unsere zu reparieren. Als ihm klar wurde, dass wir nur neue Sicherungen haben wollten, fuhren wir mit ihm zu einem Kollegen von Ihm. Fuhren ist hier übertrieben, denn der andere Laden lag keine 300m neben seinem eigenen. Was für Scherzkekse.

    Einen Tag später, am 21.05.2013 erreichten wir Khiva. Den Großteil dieser geschichtsträchtigen Stadt ließen wir allerdings hinter uns. Uns interessierte nur die historische Altstadt, die mit viel Liebe zu einem Freilichtmuseum hergerichtet wurde. Viel Liebe scheint in Usbekistan auch viel Geld zu kosten. So langten die Kassierer für den Eintritt kräftig zu und verlangten pro Person 25$ und weitere 3$ für die Kamera. Gut, dass es Menschen gibt, die nicht ganz so schlau sind und so zahlten wir für unsere Kamera (die wirklich offensichtlich an meiner Schulter hing) keinen Cent, sie ging nämlich als Handtasche durch. :)~

    (Wer sich das ganze Geld sparen möchte und wem es reicht einige Gebäude nur von außen zu sehen, sollte Khiva Abends besuchen. Die ganzen Touriführer und Kassierer haben nämlich um 17.00Uhr Feierabend und man kann bequem durch die Gassen schlendern. Manche Gebäude sind um die Uhrzeit noch frei zugänglich.)

    Wir strömten morgens mit den ersten Touristenbusse durch das Westtor in die Stadt. Es war schön, dass die meisten Touristen an den Souvenirständen hängen blieben und wir dadurch hin und wieder einige Gebäude und Gassen für uns alleine hatten. Weil auch ein paar deutsche Reisegruppen unterwegs waren, konnten wir uns an manchen Stellen ein paar wichtige Informationen abschöpfen. Die wichtigste davon kam von einem Studiosus-Reiseleiter, der die Toilette eines kaum besuchten Restaurants als die sauberste in ganz Usbekistan pries. Hätte man auf das Schild neben den Eingang geschaut, hätte sich die Information eventuell auch daraus ergeben. Immerhin wird das Restaurant durch deutsche Fördermittel in Schuss und am Leben gehalten und getreu unserem Bild im Ausland muss alles sauber und ordentlich sein  - so eben auch das stille Örtchen.  :)

    Wie dem auch sei, sicherlich wird kein Mensch nach Khiva reisen um sich dies anzuschauen. Die kleine Altstadt hat viel mehr zu bieten: historische Gebäude, mit Ihren Minaretten und schattigen Diwanen, reich verzierte Säulen und in allen Blautönen schimmernde Fliesen. In den Gassen feilschen Touristen mit den Händlern um Souvenire, Einheimische sitzen Tee trinkend vor Ihren Läden  und Schulklassen fluten die kühlen Räume der Museen. Es ist ein reges wie buntes Treiben was uns an diesem kleinen doch wunderschönen Ort umgibt. Nach unserem Stadtbummel war es an der Zeit etwas Geld zu wechseln. Für jeden Usbekistanbesucher ist dies ein Erlebnis. Wer brav ist, wechselt sein Geld in den unzähligen Wechselstuben oder geht in eines der Hotels um dort eine bessere Rate zu bekommen. Alle anderen wechseln nur auf dem Schwarzmarkt. Während man in den Banken und Stuben für einen Dollar 2.000 bis 2.100 Som bekommt erhält man auf dem Schwarzmarkt zwischen 2.500 und 3.000 Som.  Das Erlebnis ist jedoch nicht die so extrem abweichenden Wechselkurse sondern das man danach mit Plastiktüten voll Geld durch die Welt läuft. Unser Schwarzmarkthändler kam mit einem alten Drahtesel vorbeigefahren, packte aus seinen Satteltaschen zwei durchsichtige Tüten aus und fuhr dann seelenruhig wieder weiter. Es war ein komisches Gefühl mit den Tüten voller Geld durch Khiva zu laufen, zumal jeder sehen konnte was wir in den Tüten umhertrugen. Wir hatten nun so viel Geld, dass es schon eine kleine Herausforderung war die ganzen Bündel irgendwo im Auto unterzubringen, aber wir wollen ja nicht meckern und sich einmal im leben wie ein Bankräuber zu fühlen, hat auch was :)

    Auf unserem Weg nach Bukhara wollten wir uns am Abend einen richtigen Restaurantbesuch gönnen. Wir waren schon eine Weile unterwegs und es dauerte eine gefühlte Ewigkeit bis wir in einer Kleinstadt endlich ein Restaurant fanden, dass geöffnet hatte und nicht allzu schmuddelig war. Wie immer wurde Kebab in diversen Varianten verkauft, doch wir wollten auch mal etwas anderes essen und so versuchten wir auf der sehr knappgehaltene Speisekarte was schmackhaftes zu finden. Was mal wieder leichter gesagt als getan war. Zwar konnten wir lesen was dort in russisch geschrieben war, aber wir verstanden kein Wort davon. Also versuchten wir der Kellnerin mit Pantomime und diversen Tiergeräuschen verständlich zu machen was wir wollten. 

    Eine Hühnersuppe vielleicht?

    Eins war auf alle Fälle klar, die Kellnerin sowie die Restaurantbesitzerin konnten mit unserer kleinen Showeinlage nichts anfangen, aber zum Lachen hatten wir wenigstens alle gebracht. Naja, so bestellten wir eben Brot, Kebab und Suppe, in der Hoffnung, dass nicht alles zu schafig wurde. Nach einer Weile kam unser Essen, was optisch nicht besonders ansprechend war, doch zu unserer Verwunderung war es echt lecker. Die Besitzerin war sichtlich erfreut, als wir kräftig zu langten und nichts verschmähten. Als wir das Restaurant verlassen wollten kam ein Kellner um uns etwas zu zeigen.  Neben einem Hauseingang saß ein ausgewachsener Adler. Angekettet an eine Wendeltreppe fristete er ein klägliches Dasein und diente allen zur Belustigung. Sein Federkleid war grau vom Schmutz der Straße, seine Flügel gestutzt und seine Beine aneinander gebunden. Er duckte sich als der Kellner nach ihm griff. Ein kräftiger Ruck an der Kette und der große Greifvogel schlug mit seinen Schwingen um sich. Aus seinem weit aufgerissenen Schnabel kam ein fürchterlicher Schrei und der junge Mann war sichtlich Stolz auf sein wildes Haustier. Uns widerte es an. Es brach mir das Herz diesem majestätischen Tier in seine fast leblosen Augen zu schauen. Doch es half nichts. Der Kellner hatte kein Verständnis für unsere Reaktion und als er uns anbot das geschundene Tier noch auf den Arm zu nehmen, verließen wir das Restaurant.  Noch heute überlege ich ob wir den Adler nicht hätten mitnehmen sollen um ihn später in seine Freiheit zu entlassen. Hätte es etwas geändert? Eins ist klar, egal was wir gemacht hätten, das Verständnis Tieren gegenüber würde sich bei dem Kellner durch solch eine Aktion nicht ändern.
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    Kurz bevor wir Bukhara erreichten, wurden wir vom Militär angehalten. Neben allen anderen Autofahrern mussten auch wir uns einer Passkontrolle unterziehen. Der Soldat erklärte Niko, dass wir einer Straftat begangen hätten und dafür nun 80.000 Som zahlen müssten. Erst nach einer Weile kam heraus, dass es in Usbekistan verboten ist einen Monitor im Fahrerraum zu haben. Die Erklärung, dass es ein Navi sei und die Polizei nie einen Grund für eine Strafe gesehen hätte, interessierte ihn nicht. Also packten wir wieder unsere altbewährte Methode aus: Dummstellen. Sicherlich wäre das Spiel noch länger gegangen wenn nicht durch Zufall ein Kühlwagen herausgewunken wurde. Das Interesse der Soldaten richtete sich relativ schnell auf den Fahrer als klar wurde, dass er Eiscreme geladen hatte. Zwar versuchte sich der „Eismann“ zu wehren, doch er hatte keine Chance und musste an alle Soldaten Eis abdrücken. Dank eines Magnumverschnitts war nun die Zeit zu kostbar geworden als das man sie mit uns verschwenden wollte und so durften wir recht rasch unsere Reise wiederaufnehmen.

    Bukhara war im Gegensatz zu Khiva weitläufiger und ruhiger. Dank vieler Dokumentation über die Seidenstraße hatten wir von Bukhara und Samarkand eine gewisse Vorstellung sowie eine leicht verschrobene Erwartungshaltung. Die Altstadt wirkte sehr steril und uns fehlte das wuslige Lebensgefühl. Keine Frage, die historischen Gebäude sind wunderschön, doch unser Besuch glich eher einem Rundgang durch ein Museum. „Dort drüben sehen Sie die Kalon-Moschee mit ihrem meterhohem Minarett und dort ...............ach, und wenn sie Hunger haben, das Museumsbistro befindet sich gleich......“ *gähn* 

    Vielleicht hatten wir auch einfach schon einen Sightseeingblues. Was auch immer es war, Bukhara fesselte uns trotz seiner historischen Schönheit nicht wirklich und unsere Erwartung wurden etwas enttäuscht. 

    Um unsere Muse wiederzubekommen, beschlossen wir einen kleinen Abstecher nach Tashqorgan zu machen. Vielleicht würde die Bergwelt Usbekistans uns wieder zugänglicher für die Städte der Seidenstraße sowie deren Architektur machen. Außerdem war auf unserer Landkarte eine besondere
    Sehenswürdigkeit in der Nähe des kleinem Örtchen vermerkt: Dinosaurierspuren.

    Gut gelaunt ging es vorbei an kleinen Dörfern und Städtchen. Wir ließen die Ebene von Usbekistan mit seiner Wüste hinter uns und aus vertrocknetem beigem Staub wurde rasch fruchtbare rote Erde. Schon lange hatten wir kein saftiges Grün, welches sich kilometerweit vor uns ausbreitete, gesehen. Es war faszinierend wie grell die Felder und Wiesen auf uns wirkten - man könnte fast behaupten, dass wir geblendet wurden so ungewohnt war der Anblick des satten Grüns.

    In Langar nahmen wir einen Mann und ein kleines Mädchen als Anhalter mit. Wir hatten schon öfters auf unserer Reise Anhalter mitgenommen und dabei viel Spaß gehabt. Wie sich in den nächsten Tagen noch rausstellen sollte, waren die Usbeken jedoch etwas anders gestrickt. Wir fuhren also zu viert entlang des Flusses, da wie immer in den entlegenen Gegenden die Wegweiser fehlten, fragten wir an einer Weggabelung den älteren Mann welcher Weg nach Tashqorgan führt (unsere Karte war in dieser Gegend leider zu ungenau). Wir bogen ab, die Straße schlängelte sich nun steil den Berg hinauf und entfernte sich immer mehr vom Fluss. Nach einiger Zeit wurde uns klar, dass wir definitiv auf dem falschen Weg waren, doch der Mann beharrte darauf, dass es die richtige Straße sei. Als im Tal ein kleines Gehöft in Sicht kam, stiegen der Mann und das kleine Mädchen aus. Er erklärte uns, dass die Straße auf der wir waren weiterging und auch irgendwo hinführte, der Weg nach Tashqorgan ginge jedoch am Fluss entlang. Er bedankte sich kurz für die Mitfahrgelegenheit und bevor wir realisierten, dass wir alles wieder zurückfahren durften, nahm er seine Beine in die Hand und war verschwunden.  Etwas orientierungslos und leicht verärgert, fuhren wir auf den nächsten Hügel um einen Überblick zu bekommen. Die sehr gute Asphaltstraße führte  noch weiter in die Berge, doch wir waren nicht sicher ob sie an den Funkmasten, die man am Horizont erkennen konnte, aufhörte. Ein Stücken zurück, sahen wir einen Feldweg in einer Senke, der von der Himmelsrichtung gut zu unserem Ziel passte. Unsere Entscheidung war somit auf den Feldweg gefallen.

    Es war ein herrliche Strecke, die uns durch kleine Dörfer und safftige Auen führte, vorbei an grünen Feldern sowie steilen Hängen. Unser Ärger verflog rasch und wir entschieden uns an diesem Tag etwas früher Rast zu machen – immerhin gab es schon länger keine schwäbische Kehrwoche und ein Waschtag tat uns allen gut. Mit dem Feldweg lagen wir richtig, denn er führte uns am nächsten Tag zurück auf die Straße am Fluss. Durch starke Regenfälle glich diese jedoch eher einem Schweizer Käse. Teile der Straße waren abgebrochen oder verschüttet. An den Fahrspuren lies sich erkennen, dass die Straße jedoch schon länger in einem schlechten Zustand war. Was für die Einheimischen sicherlich ein nicht erfreulicher Normalzustand ist, war für uns Spaß pur, wurden doch normale Straßen schnell zur quälenden Langweile für uns.

    Unser Herz schlug noch höher je weiter wir fuhren. Mehrmals mussten wir kleine wie größere Flüsse durchqueren. Dieser kleine Nervenkitzel wenn das Wasser über die Motorhaube schwappt und man mit den Händen aus dem Fenster raus die Wasseroberfläche berühren könnte, hat schon ein gewisses Suchtpotenzial.  Ravty schien unser Ausflug in die Berge ebenfalls zu gefallen. Schnurrend wie ein Kätzchen meisterte er gekonnt die Strömungen und Tiefen des Flusses, kletterte behutsam steile Berghänge hinauf und wühlte sich durch roten Schlamm als währen es die besten Straßen.

    Nach unserer Schlacht im Flussbett stand nur noch ein Berg zwischen uns und den Dinosaurierspuren. Doch der Weg wurde schmaler und schwieriger. An manchen Stellen war er so ausgewaschen, dass ein Weg gar nicht zu erkennen war. Wir gaben nicht auf, unser Ziel war fast schon in Sichtweite. 
    Nach ein paar kleinen Schieflagen erreichten wir den Bergpass. Wow, was für ein Panorama. Rechts von uns plätscherte ein gemütlicher Fluss durch ein felsiges Tal. Links konnten wir bereits die Häuser von Tashqorgan auf der gegenüberliegenden Hochebene sehen und vor unseren Füßen fiel der Fels steil ab um sich im grünen Tal wieder zu fangen und den Blick auf das massige Bergmassiv freizugeben. Von hier oben war es ein Leichtes Teile des Weges mit den Augen zu verfolgen. Er schlängelte sich teils gemütlich teils etwas wilder den Berg hinunter um am Fluss in eine breitere Straße überzugehen. Hmmm, obwohl der Weg gut zu erkennen war und auch genutzt aussah, ragten über dem Fluss nur die Überbleibsel einer alten Brücke und der Weg hinauf nach Tashqorgan war teils überwuchert oder verschüttet. Ging die Straße vielleicht noch weiter ins Tal bevor sie den Fluss überquerte bzw. durchquerte um dann kurvenreich vor unseren Blicken verborgen das Plateau zu erreichen?

    Wir wussten es nicht, andererseits konnten wir unsere Köpfe auch unten im Tal über den weiteren Wegverlauf zerbrechen. Die Straße wirkte vielversprechend und wir freuten uns bereits über die prähistorische Sehenswürdigkeit. 

    Innerhalb von zwei Minuten – also genau eine Kurve weiter – hatte sich die Frage von selbst beantwortet. Auch hier hatte das Wasser seinen Dienst verrichtet und die Straße für Fahrzeuge unpassierbar gemacht. Es bestand die Möglichkeit einfach steil nach rechts den mit Gras und kleinen Sträuchern bewachsenen Hang hinunter zu fahren. Für eine kurze Zeit zogen wir diese Alternative wirklich in Betracht, doch nachdem wir die Strecke abgelaufen waren, war klar: runter kommen wir auf alle Fälle, aber was ist wenn wir wieder zurück müssen? Des Weiteren war unklar ob nicht noch mehr des Weges hinfort geschwemmt oder abgebrochen war. Schlussendlich entschieden wir uns doch umzudrehen. 

    Auf unserem Rückweg entdeckten wir einen kleinen Abzweiger, der uns zu einigen Schäfern und ihrer Jurte führte. Die drei Männer erklärten uns, dass dies der einzige Weg von hier runter ins Tal sei und das er in einem ausgezeichneten Zustand wäre. Sie verstanden nicht, warum wir Schwierigkeiten mit den Auswaschungen hatten und warum es für ein Auto nicht möglich war hinunter zu fahren, immerhin nutzten sie die Straße fast täglich mit Ihren Schafen und Eseln. ;) Somit stiegen wir wieder ins Auto und fuhren zurück. 

    Als wir erneut alle Flüsse durchquert hatten, winkte uns ein älterer Mann auf die Seite. Wir kannten ihn bereits vom Vormittag und so lehnten wir seine Bitte ihn ins nächste Dorf mitzunehmen selbstverständlich nicht ab. Nach einer Stunde Fahrt, erreichten wir das besagte Dorf, doch der Herr wollte nicht aussteigen, er sagte er wolle in das nächste Dorf fahren. Ok, sicherlich hatten wir ihn falsch verstanden und so setzten wir die Fahrt fort. Unterwegs gabelten wir noch einen weiteren Rentner auf und auf unserer Rückband entstand ein reges Kaffeekränzchen. Die beiden Herren hatten sich wohl eine Ewigkeit nicht mehr gesehen und schwatzen wie alte Weiber über den Gartenzaun. 

    Als wir das nächste Dorf erreichten, wollte unserer erster Rentner abermals nicht aussteigen. Dieses Mal schien es als würde er wegen dem anderen bleiben wollen und nannte uns ein Namen eines kleinen Dorfes. Ok, wir sind ja nicht so, also ging es weiter. Nach einigen Kilometern und ein paar Siedlungen erreichten wir das besagte Dorf. Es wurde langsam Dunkel und wir freuten uns schon beide Herren absetzen zu können, um in Ruhe einen geeigneten Schlafplatz zu finden. Doch als wir anhielten, fing der erstere fürchterlich an zu schreien und zu jammern. Er müsse in das nächste Dorf. Etwas genervt, fuhren wir weiter.

    Mitten im Nichts war unser zweiter Fahrgast zu Hause angekommen und wir konnten zu mindestens einen Mitfahrer absetzen. Nun ging es weiter und wie ihr euch vielleicht mittlerweile schon denken könnt, wollte unser doch schon sehr nerviger Gast in keinem Ort aussteigen. Genervt hielten wir an. 

    Wo verdammt nochmal willst du hin?? (selbstverständlich auf russisch und ohne zu fluchen)
    Samarkand
    Samarkand???
    Da!
    aber das sind noch 140km.................aaaaaaaaaaaaahhhhhhhhhhhhhh!!
    Njet Stop...njet Stop.
    *grummel*

    Wir sind ja keine Unmenschen, daher fuhren wir den Mann bis nach Langar – was immerhin bedeutete, dass wir ihn mehr als 4 Stunden in der Gegend rumgefahren haben. In einem größeren Ort baten wir ihn mehrmals freundlich auszusteigen, was er aber aufgrund der anbrechenden Nacht strikt verweigerte. Wir warteten eine Weile in der Hoffnung, dass ein Sharetaxi oder ähnliches vorbeikam. Es war vergebens und als wir wieder weiterfuhren – mit ungeliebtem Passagier – war es bereits Dunkel.
    Kurz bevor wir den Ort verließen, tauchten hinter uns Scheinwerfer auf. Sofort stoppten wir. Niko sprang aus dem Auto, brachte den LKW zum anhalten und schmiss den alten Mann kurzerhand aus  unserem Wohn- bzw. Esszimmer. Der LKW-Fahrer freute sich sehr und relativ rasch merkten wir auch warum. In der Fahrerkabine so wie auf der Ladefläche tummelten sich Menschen wie Schafe und bei näherem Betrachten wirkte der LKW wie ein Laster voller Flüchtlinge – eben ein ganz normales  Sharetaxi in Zentralasien. Während der alte Mann sichtlich verärgert auf der Ladefläche untergebracht wurde, setzten wir uns rasch ins Auto und gaben Gas. Wir hatten einfach die Schnauze voll. Hungrig und müde begann nun die Suche nach einem geeigneten Schlafplatz. Nach einigen Fehlversuchen fanden wir ein passendes Plätzchen und konnten endlich in Ruhe schlafen.

    Der nächste Morgen brach an. Schlaftrunkend, mit meiner Zahnbürste bewaffnet, krabbelte ich aus dem Auto um unsere Umgebung nun bei Tageslicht zu erkunden. In der Nacht brauchten wie einige Anläufe um aus dem Gassenwirrwarr des Dorfes den Weg in die Felder zu finden. Erst in einer Senke auf einem Hügel fanden wir eine gerade Fläche um zu nächtigen. Nun, am hellen Morgen, war es traumhaft auf dem Hügel zu stehen, den Blick über das herrlich grüne Land schweifen zu lassen und sich dabei die Zähne zu schrubben. Insekten summten, Vögel zwitscherten, Schafe blökten und Hirten riefen. Ach, wie schön war es alleine zu sein.......moment Hirtenrufe???

    Ich drehte mich um und in dem Augenblick kam eine riesige Herde Schafe die Senke hinauf. Der Blick aller Anwesenden wäre sicherlich ein Bild für die Götter gewesen. Wir alle schauten ziemlich doof drein: Schafe, Hunde, Esel, Hirten und meine Wenigkeit. Ein kurzes Nicken zur Begrüßung und die Herde zog weiter. Ich verkrümelte mich wieder in unser Wohnzimmer. Kaum hatte ich die Türe hinter mir geschlossen, tauchte schon die nächste Herde auf und noch eine weitere. Kühe, Schafe, Esel....alle Tiere wurden nun auf die Weidegründe getrieben und wie es schien, hatten wir Ravty direkt in die Mitte des Vieh-Highways geparkt.
    Mal eine andere Art um morgens geweckt zu werden. :)

    Nach unserem kläglichem Scheitern die Dinosaurierspuren ausfindig zu machen, fuhren wir die restlichen 140km nach Samarkand und beschlossen keine weiteren Anhalter in Usbekistan mitzunehmen! Wie Bukhara, haute uns Samarkand ebenfalls nicht von den Socken. Die historischen Gebäude waren architektonisch und optisch interessant und schön, doch sah so langsam alles gleich aus. Dies war jedoch nicht der Grund, dass Samarkand nicht auf unserer Hitliste landete. Viel mehr störte es uns, dass alles um die Sehenswürdigkeiten so sauber und leblos wirkte. Große Promenaden führten an nicht enden wollenden Souvenirshops vorbei und der Flair Zentralasiens war höchstens auf irgendwelchen Postkarten zu bestaunen. Nichtsdestotrotz nahmen wir uns genug Zeit für die geschichtsträchtige Stadt und betrachteten jedes Gebäude für sich. Sicher, beide Städte sind etwas besonderes und die historischen Gebäude sind wunderschön, jedoch haben wir auf unserer Reise schönere und authentischere Orte besucht als diese beiden sagenumwobenen Städte der Seidenstraße. 

    Ein kleines Highlight hatten wir allerdings in Samarkand: Afrosiab
    Der Hügel mit den Fundamentresten einer alten Stadt und Festungsanlage war ein idealer Ort um ungestört in Mitten der Metropole zu nächtigen. Zudem war der Anblick der am Abend bunt beleuchteten Stadt wirklich sehenswert. Wir verbrachten zwei Tage in Samarkand bevor wir in das Ferghanatal weiterzogen. Noch vor ein paar Jahren war es für Touristen nicht möglich in die Enklave zu reisen.Vermutlich deswegen priesen viele Reiseführer, Onlineforen und der Botschafter in Baku dieses Stückchen Erde. Wir waren gespannt, wurde die Ferghanaregion doch als Garten Eden bezeichnet.

    Doch zuerst machten wir auf halben Weg spontan einen kurzen Abstecher in ein langgezogenes Tal. Wir hatten noch nicht genug Natur getankt und verspürten nun das dringende Bedürfnis dies nachzuholen. Der zweitägige Ausflug war eine richtige Erholung für Körper und Geist. Als wir das Tal über eine kleine nett geflickte Brücke verließen, winkte uns ein Schäfer, der zuvor mit seiner Herde einen immensen Stau im Tal verursachte, zu sich her. Er sowie der nun plötzlich auftauchende Imker wollten uns unbedingt gratulieren. Für was??

    Nach vielen russischen Wortfetzen stellte sich heraus, dass wohl seit Jahren niemand mehr mit einem Auto über die kleine Brücke gefahren war. Es hätte sich niemand getraut. Etwas verdutzt schauten wir uns die Brücke nochmals an, sahen aber wie bei den beiden vorherigen Überquerungen keine Gründe nicht über die Brücke zu fahren. Immerhin war sie super in Schuss und auf unserer Reise gab es weitaus schlimmere Brücken die wir überquerten als diese. Naja, vielleicht sind wir mittlerweile ja auch schon ein bisschen seltsam geworden ;)

    Am 29.05.2013 erreichten wir abends um kurz nach sieben die usbekisch-tajikische Grenze. Ok, zuerst haben wir sie nicht gefunden und ich gebe zu, dies war allein meinen Navigationskünsten zuzuschreiben :) Vermutlich habe ich mal wieder vor mich hingeträumt und daher die Abzweigung verpasst. Definitiv war die Straßenblockade mitten in der Oase nicht der Grenzübergang den wir suchten. So fuhren wir eben einmal Querfeldein bis wir den offiziellen Grenzübergang erreichten. Die Grenzabfertigung dauerte ca. eine Stunde und die usbekischen Soldaten überhäuften uns mit Aprikosen und Äpfeln bevor wir am frühen Abend den Schlagbaum passierten.
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    Wer/Was ist Ravty?

    Ravty steht für unsere Lust nach Reise & Abenteuer. Namensgeber sind unsere zwei Stubentiger Raven & Tyson, nach denen wir unter anderem unseren kleinen, gelben Landcruiser benannt haben. weiter...

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    Ravty´s Blog haben wir ins Leben gerufen um unsere Reiseerlebnisse mit Familie & Freunden zu teilen. Kurz gesagt: Es ist ein virtuelles Fotoalbum und eine etwas modernere Art eines Diaabends ^^

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